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19.11.2013

Schwierige Zeiten für die internationalen Handelsschiffswerften

Auslaufende Orderwelle und anhaltend schwache Ordertätigkeit verschärfen die absehbare Überkapazität des globalen Schiffbaus in den Jahren 2013 und 2014 erheblich Nachdem in den Jahren 2010-2012 Schiffe mit einer Kapazität von durchschnittlich 154 Mio. dwt pro Jahr in Fahrt gingen, wird das Volumen der vom Stapel laufenden Frachter in diesem Jahr voraussichtlich nur rund 100 Mio. dwt erreichen. In 2014 könnte sich der Flottenzulauf sogar noch weiter verringern, wie aus der jüngst vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) herausgegebenen Veröffentlichung "World Shipbuilding and Shipbuilders" hervorgeht.
Der Rückgang der Schiffbauaktivität um ca. ein Drittel im Jahr 2013 ist auf das Auslaufen der Orderwelle zurückzuführen. Diese hatte sich in den Boomjahren vor der Krise aufgetürmt und ist in den Jahren seit 2009 über die Schifffahrtsmärkte hereingebrochen. Nun, nach mehreren Jahren der Talphase auf den Schifffahrtsmärkten, verlangt die mit der Ratenschwäche einhergehende reduzierte Ordertätigkeit der Jahre seit 2009 ihren Tribut von der Kapazitätsauslastung der weltweiten Werftindustrie. Auch ohne die eigentlich angemessene Umrechnung in "cgt" (compensated gross tons) wird deutlich, dass ein Produktionsrückgang um ca. 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr nicht spurlos an einer so kapitalintensiven Industrie wie dem Schiffbau vorbeigehen kann. Zwar war das Volumen der Ablieferungen im Jahr 2012 immer noch fast so hoch wie in den Jahren 2010 und 2011, aber es sank zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt. Die Produktionsschwäche hielt bis ins Jahr 2013 an: In der ersten Jahreshälfte wurden nur 61 Mio. dwt an Tonnage abgeliefert und für das Gesamtjahr werden nur 100 Mio. dwt erwartet.
Ein Teil des Problems der Werften ist, dass die Ordertätigkeit trotz der relativ niedrigen Neubaupreise im Jahr 2012 und der Aussicht auf eine mögliche Erholung der Schifffahrtsmärkte in der nahen Zukunft auf ein Zehnjahrestief von 52 Mio. dwt gesunken ist, wie aus Daten von Clarkson Research Services Limited (CRSL) hervorgeht. Zum Vergleich: Damit entspräche die Ordertätigkeit nur etwa einem Drittel derjenigen, die in den Boomjahren 2003-2008 zu beobachten war. Hier wurden jährlich durchschnittlich rund 150 Mio. dwt in Auftrag gegeben.


Obwohl die Ordertätigkeit in der ersten Jahreshälfte 2013 wieder anzog und leicht über dem Vorjahresniveau lag, ist die Grundtendenz absehbar: Die weltweite Schiffbauindustrie steht nach den starken Jahren 2010-2012 vor einigen mageren Jahren. So werden die Jahre 2013, 2014 und voraussichtlich auch 2015 eine erhebliche Durststrecke - gemessen an den Produktionspotenzialen der Werften - mit sich bringen.
Der einzige "Rekord", der 2012 mit Blick auf die Welthandelsflotte erwähnenswert ist, wurde durch die schwache Einnahmesituation in den Hauptschifffahrtsmärkten verursacht: Das Volumen der Verschrottungen erreichte mit 59 Mio. dwt einen neuen Rekordwert und überstieg den Rekord aus dem Vorjahr um nicht weniger als 22 Prozent.
Aufgrund der geringen Ordertätigkeit nahm das Volumen in den Auftragsbüchern der Werften weiter ab und fiel mit 231 Mio. dwt Mitte 2013 zum ersten Mal seit 2005 unter 250 Mio. dwt. Seit dem Höchststand im Herbst 2008 ist das Orderbuch somit um 60 Prozent geschrumpft. Zum 1. Juli 2013 entsprach der Auftragsbestand noch in etwa 15 Prozent der bestehenden Flotte. Unter Berücksichtigung der Wachstumsperspektiven der Schifffahrtsmärkte in den nächsten zwei bis drei Jahren wäre dies zunächst zwar unproblematisch, aber der Auftragsbestand ist stark auf die Jahre 2013 und 2014 fokussiert, während bei Tankern, Containerschiffen und Massengutfrachtern derzeit bereits Überkapazitäten bestehen. Die Erholung der Schifffahrtsmärkte und mit ihr auch die für Neubestellungen erforderliche Liquidität wird damit Richtung 2014 verschoben. Das Jahr 2014 stellt die Werften somit vor eine Herausforderung: Die Schiffbautätigkeit wird weiter abnehmen, während aufgrund der Talphase der Schifffahrtsmärkte weiterhin mit einer reduzierten Ordertätigkeit zu rechnen ist. Was grundsätzlich gut ist für die von Überkapazitäten geplagten Schifffahrtsmärkte, nämlich die reduzierte Bestellaktivität, stellt die Schiffbaumärkte somit vor eine nicht unerhebliche Herausforderung.
Zum Ende des Jahres 2014 könnte sich die Lage an den Schifffahrtsmärkten - je nach Schiffstyp und Segment - etwas aufhellen und in der Folge auch die Ordertätigkeit wieder an Fahrt gewinnen. Doch selbst wenn der Weltseehandel zu seiner dem langfristigen Durchschnitt entsprechenden Wachstumsdynamik zurückfindet, wird dies auf absehbare Zeit kein jährliches Neubauvolumen von 150 Mio. dwt pro Jahr rechtfertigen. Es besteht folglich eine Überkapazität im internationalen Schiffbau.
Weitere Informationen zu einzelnen Flottensegmenten und Schiffbauländern finden Sie in unserer jüngsten Ausgabe der ISL Shipping Statistics and Market Review im Webshop der ISL InfoLine.

Das ISL - Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik wurde 1954 in Bremen gegründet und ist heute eines der europaweit führenden Institute für maritime Forschung, Beratung und Know-how Transfer. Unsere Mitarbeiter bearbeiten an den Standorten Bremen und Bremerhaven in interdisziplinären Teams Projekte aus der ganzen Welt. In den Bereichen logistische Systeme, maritime Wirtschaft und Verkehr sowie Informationslogistik entwickelt das ISL innovativen Ideen und erarbeitet praxistaugliche Lösungen.






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