Case History: Einführung einer Fließfertigung gepaart mit verschwendungsfreien Prozessen steigert Produktivität um 20 Prozent. In einem Verpackungsbetrieb soll mit Hilfe von Lean Production Methoden die Produktivität gesteigert werden. Das Unternehmen möchte insbesondere schneller auf Kundenwünsche reagieren und gleichzeitig die Lagerbestände senken. In dem Betrieb werden jährlich rund 150.000 Teilesätze für die Installation oder Reparatur von Maschinen zusammengestellt. Die Anzahl der Teile pro Satz schwankt zwischen zwei und 33, auch die Größe zeigte eine extreme Variation. „Alles in allem“, so Torsten Tolle, Inhaber der mit der Optimierung betrauten PACT Process Solutions, „fanden wir eine außerordentliche Vielfalt und eine sehr große Prozessvariation – eine interessante Aufgabe also.“
Zunächst bildeten Mitarbeiter und Führungskräfte auf freiwilliger Basis ein Projektteam, dem während eines eintägigen Trainings die Grundlagen von Lean Production praxisorientiert erläutert wurden. Die bisherige Verpackungseinheit bildeten zwei 14 Meter lange parallele Packtische, dazwischen verlief eine Förderstrecke. Beide Tische wurden von Paletten-Förderbändern flankiert, bis zu 18 vorkommissionierte Kundenaufträge fanden hier Platz. Die Materialien wurden zunächst im Zentrallager kommissioniert und in einer Kragenpalette zusammengefasst, die nach Beendigung der Kommissionierrunde auf den Förderbändern bereitgestellt wurde. Der Mitarbeiter besorgte sich nun zunächst das Verpackungsmaterial, baute die Kartons auf und stellte sie in Reihe auf den Packtisch.
Beim Packprozess wurden alle Artikel einzeln aus der Kragenpalette entnommen und gemäß Packliste auf die Kartons verteilt. Dabei lief der Mitarbeiter immer den gesamten Weg am Packtisch entlang – bei sehr differenzierten Aufträgen über 30 Mal. Das Verhältnis von Wertschöpfung zu Leerlauf lag bei 1 zu 4 – und damit sehr ungünstig.
Standardisierte Prozesse reduzieren den Aufwand
Als ersten Schritt erhob das Team belastbare Zahlen mithilfe einer Wertstromanalyse und eines Flussdiagramms des gesamten Wertstroms. Die Kommissionier- und Packzeiten wurden akribisch aufgezeichnet. Parallel dazu wurde eine Baseline Analyse mit historischen Auftragsdaten erstellt, um einen Überblick über das größte Verpackungsgewicht, die maximale Verpackungsgröße sowie die Spannweite der verwendeten Kartons zu erhalten.
Auf Basis der Zahlen entschieden sich die Mitarbeiter zunächst für die Aufteilung aller Aufträge in drei Produktlinien, für die unterschiedliche Verpackungslinien entwickelt werden sollten. Für einen optimalen Prozess mussten darüber hinaus verschiedene Lean Prinzipien umgesetzt werden: Kleine Losgrößen, standardisierte Kommissionierung, die Einführung eines Zugsystems sowie eine Zellfertigung und ein Ein-Stück-Flusskonzept.
Erster Schritt: Mit der Auftragsplanung verständigte sich das Team auf kleine Losgrößen, dadurch konnten die Mitarbeiter die Artikel direkt in kleinere Ladungsträger statt in Kragenpaletten einbringen. Die standardisierte Kommissionierung bestand aus drei Standardboxen, für die auch ein Access-Informationssystem eingerichtet wurde, welches den passenden Ladungsträger vorschlägt.
Die Anzahl der vorkommissionierten Einheiten sollte durch den neuen Prozess massiv reduziert werden. Markierungen bei 25, 50 und 75 Prozent Auslastung am neuen, um drei Viertel gekürzten Bereitstellungsband wirken als Signalgeber für das Zugsystem – fällt der Arbeitsvorrat unter die kritische Marke von 25 Prozent, werden sofort neue Aufträge vorkommissioniert.
Anstelle des langen Packbandes entwickelte das Team U-Zellen, deren Design durch die maximale Menge von fünf angedockten Bereitstellungswagen bestimmt wurde. Wichtig war dabei, die U-Zelle höhenverstellbar zu fertigen und ausreichend Rollen für den Transport der Kartonagen einzubauen.
Damit war die Einführung des Ein-Stück-Flusskonzepts vorbereitet. Die Herstellung der U-Zellen und der Bereitstellungswagen wurde ausgelagert, so dass sich das Team voll auf das Layout, den Installationsplan und die verschiedenen Ladungsträger konzentrieren konnte. Vor dem Umbau erarbeiteten die Verantwortlichen eine Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA), um alle potenziellen Probleme im Griff zu haben.
Die eigentliche Installation lief an einem Wochenende glatt über die Bühne. Der Zeitplan wurde exakt eingehalten, am Sonntagnachmittag begann die Pilotfertigung. Das Kernteam begleitete die Anlaufphase für weitere vier Wochen. Dadurch wurden ein sanfter Produktionsstart gewährleistet, die Mitarbeiter in die Ein-Stück-Flusskonzept-Technik eingearbeitet und standardisierte Arbeitsabläufe festgelegt. Das Ergebnis übertraf alle Erwartungen: Rund 20 Prozent mehr Produktivität und um 35 Prozent reduzierte Durchlaufzeiten verzeichnete das Team. Außerdem wurde der Platzbedarf um fast ein Drittel, die Lagerbestände um ein Viertel verringert. Torsten Tolles Resümee: „Das war eine Punktlandung, die Superleistung eines hochmotivierten Teams.“
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